Parallel zur zunehmenden Popularität von passiven Investmentstrategien und der zunehmenden Allokation von Anlegergeldern dorthin steigen die Korrelationen an den Märkten. Dieser Trend, der sich in den letzten Jahren verstärkt hat,
zieht gleichermaßen die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer und der Aufsichtsbehörden
auf sich und wirft die Frage auf, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen diesen Phänomenen. Das
Phänomen sollte sowohl passive als auch aktive Investoren
alarmieren. Wenn Korrelationen steigen, muss der Theorie zufolge das Potenzial
für die Diversifizierung sinken. Paradoxerweise führt der reduzierte Nutzen der
Diversifizierung wahrscheinlich sogar dazu, dass der Markt in seiner
investierbaren Breite insgesamt wertvoller wird.
Die Korrelation zwischen diesen beiden Variablen ist offensichtlich und unbestreitbar. In den vergangenen zwei Jahrzehnten stieg der Anteil der passiv investierten Eigenkapitalinvestments in den USA von rund 10 % im Jahr 1993 auf aktuell über 30 %. Im gleichen Zeitraum nahmen die Korrelationen allgemein zwischen einzelnen Aktien zu. Nehmen wir als Beispiel den S&P 500: Auf der Grundlage der durchschnittlichen täglichen Korrelation in einem Sechsmonatszeitraum stiegen die Korrelationen von rund 10 % im Jahr 1994 auf 66 % zum Jahresende 2011.
Was bedeutet das für den einzelnen Anleger? Ohne zu tief in die Materie der modernen Portfoliotheorie einzusteigen, sollte doch betrachtet werden, wie ein solcher Anstieg der Korrelationen den Nutzen der Diversifikation (bessere Renditen bei geringer Volatilität) beeinflussen kann, die man durch die Asset Allocation erreichen will. Der Einfachheit halber betrachten wir ein Portfolio mit nur zwei Vermögenswerten – Aktien ABC und XYZ –, die zu gleichen Anteilen gehalten werden. Die Aktien ABC haben eine Volatilität von 40 % und XYZ eine Volatilität von 30 %. Wenn die beiden Vermögenswerte eine Korrelation von 10 % haben, wäre die Gesamt-Volatilität des Portfolios 26 %. Wenn die Korrelation zwischen den beiden Vermögenswerten aber auf 66 % steigt, erhöht sich die Volatilität des Portfolios auf 32%.
Der Anstieg der Korrelationen ist nicht nur auf einzelne Aktien beschränkt. Auch
die Korrelationen der S&P-500-Sektoren zum S&P 500 haben sich verstärkt.
Zwischen 1994 und 2008 lag die durchschnittliche Korrelation der Sektoren in
Bezug auf die monatlichen Erträge mit dem Index bei 69 %, sie hat aber in den
letzten vier Jahren stark auf 84 % zugenommen. Nicht einer der 10 Sektoren
zeigte einen Rückgang der Korrelationen. Der am wenigsten korrelierte Sektor,
Versorgungsunternehmen, verzeichnete eine Zunahme der Korrelation von 38 % auf
67 %. Darüber hinaus erreichte die Korrelation zwischen Large-Cap- und
Small-Cap-Aktien vor kurzem den höchsten Stand seit 60 Jahren. Das Phänomen besteht
auch zwischen nationalen und internationalen Aktien. Zwischen 1970 und 2000 lag
die Korrelation der jährlichen Renditen zwischen dem S&P 500 und dem MSCI
EAFE Index (Europa, Australien / Südwestpazifik und Fernost)
beispielsweise nur bei 48 %, seit dieser Zeit hat sie aber auf 95 % zugenommen.
Währungen sind weitere Anlagemöglichkeiten, die dem Risk-on- / Risk-off-Trading
unterliegen. Der japanische Yen und der US-Dollar werden als sichere Häfen unter
den Währungen gesehen, die gesucht sind, wenn die Aktienmärkte fallen. Die
meisten anderen Währungen werden als riskanter eingeschätzt und verkauft, wenn
die Risikoaversion steigt.
James Xiong von Morningstar Investment Management und Rodney Sullivan vom CFA Institute haben die Beziehung zwischen diesen beiden Trends erforscht. Sie fanden heraus, dass sich nicht nur Korrelationen erhöht haben, sondern auch das jeweilige Beta, das Maß für die Reaktion einer Aktie auf die Bewegungen des Marktes. Die Streuung bei den Volumenänderungen hat mittlerweile abgenommen, was auf eine Zunahme des Handels mit Wertpapierkörben schließen lässt, die man erwartet, wenn mehr Vermögen an einen Index gebunden sind, wie z. B. mit ETFs. Die folgende Darstellung zeigt den Anstieg der passiv verwalteten Vermögenswerte zusammen mit dem Rückgang in der Dispersion bei Volumenänderungen. Die Beziehung ist evident.
Der Rückgang der Streuung der Volumenänderungen ist sowohl für aktive
Manager als auch für passive Investoren beunruhigend. Die Aktienkurse, so
fürchtet man, könnten sich nicht aufgrund von Fundamentaldaten bewegen, sondern
aufgrund der Index-Mitgliedschaft und der Richtung der anderen Aktien in dem Index.
Outperformance könnte dann weniger mit Stock-Picking-Fähigkeiten zu tun haben
als mit kurzfristigen Markt-Timing-Fähigkeiten. Dass sich Aktienkurse
unabhängig von den Fundamentaldaten bewegen, könnte langfristig eine Chance für
aktive Manager sein, kurzfristig könnte die Performance aber darunter leiden, wenn
sich die Preise vom jeweiligen Fair Value wegbewegen. Die Fahrt dürfte auch für
passive Investoren um einiges holpriger werden, wenn sich einzelne Aktien
weiter von ihren Fair Values entfernen würden, bevor ein Fundamentalinvestor
bereit ist, einzusteigen.
Risk-on, Risk-off
Während der Anstieg der passiven Investments ein wahrscheinlicher Faktor der steigenden Korrelationen ist, ist im Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Risiken ein weiterer wichtiger Faktor zu sehen, der die Schlagzeilen beherrscht. Ob es die Ereignisse von 9/11 sind, die Insolvenz von Lehman Brothers oder die europäische Staatsschuldenkrise, die Anleger reagieren mit den Verkauf von riskanten Anlagen. Am Tag nach der Herabstufung des langfristigen US-Kredit-Ratings im August letzten Jahres verlor der S&P 500 6,65 % und jeder Werte im Index verlor, unabhängig von den unternehmensspezifischen Nachrichten an diesem Tag. David Mazza, Stratege bei State Street Global Advisors, legt nahe, dass der Anstieg der Korrelationen auf makroökonomische Faktoren wie steigende Arbeitslosigkeit oder das sinkende Konsumentenvertrauen zurückzuführen ist. Mazza lieferte die Daten für die S&P-500-Wertpapier-Korrelationen.
Welche Bedeutung hat das für Investoren?
Die größten Erkenntnisse können diejenigen erlangen, die ihr eigenes Aktienportfolio verwalten. Die Moderne Portfoliotheorie besagt, dass das idiosynkratrische Risiko nicht kompensiert wird. Wenn dies der Fall ist, ist es sinnvoll, einfach nur genug Aktien zu halten, um diese Gefahr auszuschließen, so dass nur noch das Marktrisiko verbleibt. Man bräuchte nur 20 bis 30 zufällig ausgewählte Aktien, um vollständig diversifiziert zu sein. Wenn die Korrelationen zwischen den Aktien steigen, braucht man entsprechend mehr Aktien, vielleicht 40–50, um den gleichen Grad an Diversifikation zu erreichen. Dies kann in dem folgenden Chart, der von Xiong und Sullivan reproduziert wurde, gesehen werden.
Die Diversifikation funktioniert noch
Selbst in einem Risk-on/Risk-off-Markt ist die Diversifikation immer noch wichtig und vielleicht wichtiger denn je. Wie auch Paul Kaplan von Morningstar feststellte, ist es ein Mythos, dass die Diversifizierung während der globalen Finanzkrise 2008 versagt hat. In diesem Jahr haben der S&P 500 ebenso wie auch die Small-Cap-Aktien rund 37 % verloren, während internationale Aktien von entwickelten Ländern 43 % einbüßten und die Emerging Markets 53 % abgaben. Es schien also, als sei die Diversifizierung gescheitert. Allerdings gewannen langfristige Staatsanleihen 26 % und ein 60/40-Aktienanleihen-Portfolio verlor nur 12 % und gewann 10 % im folgenden Jahr. Gold hatte positive Erträge in den Jahren 2008 und 2009. Die negative Korrelation zwischen Aktien und qualitativ hochwertigen Assets hat sich verbessert, obwohl Aktien-Korrelationen gestiegen sind. Die Diversifikation hin zu qualitativ hochwertigen Anleihen ist heute wichtiger denn je. Vielleicht ist dies ein weiterer Grund, warum Investoren bereit sind, solch geringfügige Renditen bei Anleihen zu akzeptieren – sie zahlen eine Prämie für die Diversifikation.
ETFs könnten ein Teil des Problems sein, aber sie sind auch ein Teil der
Lösung. Handeln mit ETFs schließt letztendlich den Handel von Aktienkörben in
die gleiche Richtung ein, die die Aktienkorrelationen ansteigen lässt. Allerdings
bieten ETFs Intraday-Liquidität, so dass Investoren schnell handeln oder das
Risikoprofil ihres Portfolios intraday absichern können. ETFs bieten auch
transparente Anlagen gegenüber einer Vielzahl unterschiedlicher Asset-Klassen
und bieten den Anlegern mehr Diversifizierungsoptionen. Am wichtigsten ist
aber, dass ETFs geringe Gebühren aufweisen, was im Umfeld niedriger Rendite von
entscheidender Bedeutung ist.
Die letzte Erkenntnis ist: Man sollte sich auf die Langfristigkeit
konzentrieren und sich nicht im kurzfristigen, nichtssagenden Rauschen
verlieren. Betrachten wir einen breiten Indexfonds statt eines Segment-Indexfonds,
der mehr Indexveränderungen unterliegen könnte: Während die höheren
Korrelationen es dem Stockpicker auf kurze Sicht schwieriger machen könnten,
mit seiner Performance besser abzuschneiden, bewegen die Fundamentaldaten die
Aktienkurse auf lange Sicht.