Der Bond Stratege: Spanien, Spanien und nochmals Spanien

Solange unsicher ist, dass die spanischen Banken zahlungsfähig bleiben und die  Probleme der Eurozone ungelöst sind, wird sich der Teufelskreis fortsetzen. Unsere wöchentliche Bond-Kolumne.

Dave Sekera, CFA 06.06.2012
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Wir hatten an dieser Stelle in der vergangenen Woche befürchtet, dass es an den Märkten für Unternehmensanleihen hoch hergehen könnte – und so kam es denn auch. Schon die Sorgen um die Zukunft der Eurozone und die Angst vor einem schwachen Wirtschaftswachstum in China hatten die Anleihemärkte belastet. Doch einen heftigen Schlag bekamen die Märkte dann vom US-Arbeitsmarktbericht vergangenen Freitag versetzt: Sowohl der Morningstar Corporate Bond Index als auch der Morningstar Eurozone Bond Index weiteten sich auf Wochenbasis um sieben Basispunkte auf  +224 beziehungsweise +247 Zähler aus. Die Flucht in sichere Anlagen drückte die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen bis auf 1,45% und die 30-jährigen US-Bonds rentierten mit nur noch 2,52%. In Deutschland liegt die Umlaufredite mittlerweile bei unter 1%, und am heutigen Dienstag findet eine Ausschreibung 5-Jähriger deutscher Bundesanleihen statt. Geboten wird ein Kupon von sage und schreibe 0,5%! 


Des einen Leid ist des anderen Freud: Die Tatsache, dass die Anleihezinsen von Rekordtief zu Rekordtief eilen, bedeutet auch, dass auch die Bauzinsen absolute Tiefststände markieren. Überlegen Sie doch einmal, ob Sie nicht bei Ihrer Bank anrufen wollen, um Ihre Hypothek nachzuverhandeln. Es sei denn, Sie haben in den letzten Monaten bereits eine Sondertilgung vorgenommen!


Doch zurück zum eigentlichen Thema: Der Markt für Unternehmensanleihen leidet  unter den Nachteilen der aktuellen Entwicklungen, und die anhaltende Flut an schlechten Nachrichten schlägt so langsam auch dem letzten Optimisten aufs Gemüt. Als ich am Freitag vergangener Woche einem Freund das ganze Übel der Welt klagte, fiel ihm – sonst ein unverbesserlicher Optimist – nichts Tröstlicheres mehr ein als der Kommentar „wenigstens geht´s uns nicht wie Griechenland“.  Ein schwacher Trost, wenn Sie mich fragen. Wer sich bemüht, findet allerdings den einen oder anderen Lichtblick: So überstieg die Nachfrage für den neuen Bond der Kraft Foods Gruppe ("BBB-") das Angebot (Emissionsvolumen: 6 Milliarden US-Dollar) deutlich, und am Sekundärmarkt engten sich die Spreads nach dem Listing deutlich ein. Das wiederum motivierte etliche europäische Emittenten, ihr Heil am US-Corporate-Bond-Markt zu suchen: British American Tobacco und Danone (beide "BBB+) brachten  Dollar-denominierte Bonds auf den US-Markt, der sich in diesen Tagen deutlich aufnahmefähiger zeigt als der europäische. 


Auch Robert Johnson, Chefvolkswirt von Morningstar, wirft noch nicht die Flinte ins Korn. Er hält an seiner Prognose fest, dass das US-BIP in diesem Jahr real um 2,0% bis 2,5% wachsen wird. Die Ängste, dass das schwache Wirtschaftswachstum in Europa und China die USA in eine Rezession ziehen würde, seien übertrieben, schrieb er in seinem wöchentlichen Marktüberblick. Er verweist zur Begründung auf solide Umsatzzahlen der amerikanischen Einzelhandelsbranche, die Daten zum Konsum der Privathaushalte und die Absatzzahlen der Automobilbranche; Daten, die seine These untermauern, dass in den Vereinigten Staaten die steigende Binnennachfrage die niedrigeren Exporte ausgleichen wird. 


Spanien, Spanien und noch einmal Spanien


Die Angst, dass die europäische Staatschuldenkrise weitere Kreise zieht, drückt weiterhin auf den Markt mit Unternehmensanleihen. Und die Lage erscheint tatsäch düster: Spanien teilte mit, dass Bankia, immerhin die viertgrößte Bank des Landes, eine Kapitalspritze über 19 Milliarden Euro benötigt. Das Institut entstand im Dezember 2010 aus dem Zusammenschluss von sieben spanischen Sparkassen mit  wackeligen Kreditportfolios. Es steht zu befürchten, dass Spanien seinem Bankensystem weitere, beträchtliche Summen zuschießen muss. Das wiederum wird die Schuldenquote des Landes weiter erhöhen. 


Unklar ist derzeit noch, wie Spanien das Geld aufbringen will. Die 19 Milliarden sind sehr viel mehr als im spanischen Restrukturierungsfonds für die Banken vorhanden ist. Zugleich steigt die Rendite spanischer Staatsanleihen immer schneller. Ursprünglich hatte die Madrider Regierung vorgeschlagen, Bankia Staatsanleihen zu übertragen, die diese dann bei der Europäischen Zentralbank einlösen könnte. Die EZB hatte diesen Vorschlag allerdings rigoros abgelehnt. Da die Kurse spanischer Staatsanleihen immer weiter fallen, gerät das Land nun in eine Abwärtsspirale, was an den Märkten die Frage aufkommen lässt, ob das Land ausreichend Möglichkeiten hat, um sein Defizit zu finanzieren und es schaffen wird, das für die Finanzierung der Banken notwendige Kapital aufzunehmen und seine auslaufenden Kredite zu refinanzieren. 


Zwar notierte die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen Spaniens zu Wochenschluss unter den zuvor erreichten Rekordständen, doch mit 6,53% rentieren die Titel immer noch deutlich über der am Markt vielbeachteten Schwelle von 6%. Zudem rückt die Marke von 7% immer näher. Auf diesem Niveau hatte die EZB zuletzt eingegriffen, um den Kursrutsch der Staatsanleihen zu stoppen und den EU-Politikern Zeit zur Bekämpfung der systemischen Risiken zu verschaffen. Der Risikoaufschlag der spanischen Staatsanleihen zu deutschen Papieren stieg Mitte vergangener Woche mit +539 Zählern auf ein Rekordhoch. Die Ausfallversicherungen auf spanische Kredite mit fünfjähriger Laufzeit hatten sich zwar vergangene Woche noch um einige Basispunkte eingeengt, doch zuletzt ging es wieder aufwärts: Mit +605 Punkten wurde ein neues Rekordhoch erreicht. 


Einmal mehr nähern wir uns damit dem Punkt, an dem die europäischen Regierungen handeln müssen, bevor die Schuldenkrise auf die Märkte überspringt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, muss die Politik eine Strategie entwickeln, um die Verluste im spanischen Bankensystem anzugehen und gleichzeitig die strukturellen Probleme in Europas Arbeitsmarkt und der Regulierung zu lösen. Solange die Investoren nicht überzeugt werden können, dass die spanischen Banken zahlungsfähig sind und über ausreichend Kapital verfügen, um die Verluste in ihren Bilanzen abzudecken, und dass die strukturellen Probleme in den Peripheriestaaten der Eurozone gelöst werden, wird sich dieser Teufelskreis fortsetzen. 


Sollte die europäische Schuldenkrise außer Kontrolle geraten, rechnen wir damit, dass sich die Anleihen amerikanischer Unternehmen besser halten werden als die europäischer Konzerne. Rutscht Europa in eine tiefe Rezession ab, wird das auch die US-Wirtschaft beeinträchtigen, auch wenn sie nicht sehr stark von Exporten nach Europa abhängt. Es gibt sicher einige Institute in der Finanzbranche, deren Anleihen uns keine schlaflosen Nächte bereiten würden, doch generell ist der Finanzsektor sicherlich am stärksten betroffen von den systemischen Risiken, die die europäische Schuldenkrise mit sich bringt. Wir raten deswegen zu einer Untergewichtung der Branche. 


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Über den Autor

Dave Sekera, CFA  Dave Sekera, CFA, is chief U.S. market strategist for Morningstar.