Im ersten Teil unserer Auswertung von Euroland-Aktienfonds haben wir uns die Allokationsstrategien der Fondsmanager von 2 Morningstar-Fondskategorien vorgenommen: Wir haben das Verhalten der Euroland-Standardwertefonds und der flexible investierenden Euroland-Aktienfonds mit Blick auf Cash-Quoten, Branchen- und Länderallokation analysiert (lesen Sie hier den ersten Teil der Auswertung).
Nachdem wir also die Gruppe als Ganzes beleuchtet haben, wollen wir nun im zweiten Teil der Analyse die Allokationsstrategien der großen Euroland-Fonds am Markt unter die Lupe nehmen. Wie aktiv waren die Fondsmanager bei der Gewichtung der Cash-Quoten? Welche Länder haben sie übergewichtet? Wie aktiv waren sie mit Blick auf die Branchen-Allokation? Und – last but not least – wie erfolgreich waren die Fondslenker dabei? Wir haben dafür unsere Datenbank Morningstar Direct angeschmissen, die einen guten Überblick über den Verlauf der Vermögensallokation der Fonds ermöglicht. Die untere Tabelle zeigt zunächst die 15 größten aktiv verwalteten Euroland-Fonds am Markt. Indexnahe Produkte und reine Euro-Stoxx-Tracker haben wir nicht berücksichtigt.
Tabelle: Die größten aktiv verwalteten Euroland-Aktienfonds
Cash ist nicht für viele Manager Trumpf
Zunächst nehmen wir uns die Cash-Strategien der 15 größten Euroland-Aktienfonds vor: Welchen Stellenwert hat die Aktienquoten-Steuerung bei den Dickschiffen? Wie haben die Fondsmanager auf die Auf- und Abschwünge an den Märkten im vergangenen Jahr reagiert? Zur Erinnerung: Ab Anfang Juli 2011 fingen die Aktienkurse in Euroland an abzubröckeln, um dann im August und September in den Keller zu rauschen. Nach einer Zwischenerholung im Oktober ging es bis Ende Dezember wieder abwärts, wenn auch nicht so schwungvoll wie im Herbst. Von Ende Dezember bis Mitte März dieses Jahres legten Euroland-Aktien eine beeindruckende Rally hin, um ab Ende März bis heute wieder deutlich zu korrigieren.
Tabelle: Cash hin, Cash her: Nur wenige versuchen sich als Asset-Allokatoren
Die obere Tabelle zeigt die Entwicklung der Cash-Quoten der Euroland-Fonds seit Juni 2011. Die 3 rot markierten Zeilen signalisieren die niedrigsten Cash-Quoten, die 3 grün markierten Zellen die 3 Fonds mit den höchsten Bar-Quoten. Die Tabelle zeigt, dass sich nur die wenigsten Manager in einer aktiven Allokationsstrategie üben. Im Juni 2011 waren mit Ausnahme des Ring Aktien Fonds DWS, Pioneer Funds Euroland Equity und ING Invest Euro High Dividend die Euroland-Fonds nahezu voll investiert. Die 3 oben genannten Fonds wiesen auch in der Folgezeit die höchsten Cash-Quoten unserer Gruppe auf und zeichneten sich dabei durch eine aktive Cash-Steuerung aus. Dies gilt in besonders hohem Maße für den von Gerrit Rohleder verwalteten DWS-Fonds. Auch der UBS (LUX) EF Euro hatte zeitweilig eine überdurchschnittlich hohe Kasseposition.
Die Länderallokation: Deutschland vs Südeuroland
Im Euro Stoxx 50 Index, dem wichtigsten Börsenbarometer für Eurozonen-Aktien, waren deutsche Titel per Ende Juni 2011 mit 30,66% gewichtet. Diese Quote pendelte sich aufgrund der Outperformance deutscher Aktien bis Ende April 2012 bei 34,26% ein. Spanische Aktien waren per Ende Juni 2011 mit 13,25% im Index gewichtet. Die Quote ging per Ende April 2012 auf 10,7% zurück. Die Italien-Quote im Euro Stoxx 50 sank im selben Zeitraum von 9,32% auf 8,47%. Das Gewicht Frankreichs im Index ging von 36,48% auf 35,02% zurück.
Tabelle: Deutschland ist der Favorit der großen Fonds
Deutsche Aktien überzugewichten, war eine beliebte Allokationsentscheidung für die Fonds unserer Auswahl. Besonders eklatant fällt das beim DWS-Fonds auf, der durchgehend über 80% seiner Gelder in deutsche Aktien investiert und somit eine sehr aggressive Deutschland-Wette fuhr. Mehr oder weniger konstant stark übergewichtet wurden deutsche Aktien auch im Schroder ISF Euro Equity C und im UBS-Fonds.
Spiegelbildlich das Vorgehen des HSBC GIF Euroland Equity. Fondsmanager Frédéric Leguay gewichtete deutsche Aktien im vergangenen Jahr konstant niedrig in dem von ihm gemanagten Fonds - in der Spitze um knapp 12 Prozentpunkte im Oktober 2011. Das gilt ebenfalls für die beiden BNP-Paribas-Fonds, den von Berndt Maisch verantworteten LBBW Dividenden Strategie Euroland, den von Nicolas Simar verantworteten ING Invest Euro High Dividend sowie Fabio Di Giansante im Pioneer Funds Euroland Equity. Sie alle mieden deutsche Aktien im Vergleich zu den anderen Euroland-Fonds.
Sehr aktiv war das Vorgehen von Alexandra Hartmann, Fondsmanagerin des Fidelity Euro Blue Chip, und von Alice Gaskell und Andreas Zoellinger beim BGF Euro-Markets, dem größten Euroland-Fonds am Markt. Bei beiden Fonds schwankte die Deutschland-Quote in den vergangenen 12 Monaten deutlich, wie aus der Tabelle hervorgeht. Diese Länderallokation dürfte in erster Linie dem Switch von zyklischen Aktien hin zu defensiven Branchen im April geschuldet sein.
Tabelle: Südländer sind out, die Erste: Spanien
Ein Blick auf die Gewichtung spanischer Aktien in den Euroland-Fonds zeigt, dass auch vor der Eskalation der Bankenkrise im vergangenen Sommer die Fondsmanager eher Vorsicht walten ließen. Nur der HSBC-Fonds behielt eine konstante Übergewichtung spanischer Aktien bei. Nah an der Benchmarkgewichtung spanischer Titel war der BNPP Equity Europe, der im April dieses Jahres spanische Aktien allerdings etwas untergewichtete.
Auffällig ist dagegen die konstante Null-Spanien-Gewichtung im DWS-Fonds und die klare Untergewichtung iberischer Titel im Fidelity Euro Blue Chip, BGF Euro-Markets von BlackRock und den Schroder ISF Euro Equity.
Tabelle: Südländer sind out, die Zweite: Frankreich
Ein Blick auf französische Aktien verdeutlicht das Anlage-Dilemma Euroland-Fondsmanager mit festen Benchmarks: französische Aktien machen mehr als ein Drittel des Euroland-Aktienmarkts aus. Euroland-Fondsmanager, die sich bei französischen Aktien zurückhielten, mussten damit eine große Länderwette eingehen, auch wenn sie nur das Risiko französischer Banken im Blick hatten. Forsch war die Vorgehensweise wiederum beim Ring Aktien Fonds DWS, dessen Frankreich-Quote konstant bei unter 5% lag – eine Untergewichtung von rund 30-Prozentpunkte gegenüber dem Euro Stoxx 50 Index. Auch Fidelity-Managerin Hartmann, Berndt Maisch von der LBBW, der UBS EF Euro Countries und – in geringerem Maße – der BGF-Fonds waren deutlich unterdurchschnittlich in Frankreich unterwegs.
Stark ausgeprägt war die Übergewichtung französischer Dividendentitel lediglich im HSBC GIF Euroland Equity und im Allianz RCM Euroland Equity Growth.
Tabelle: Südländer sind out, die Dritte: Italien
Dass an der Börse in Italien nach Ansicht vieler Fondsmanager im vergangenen Jahr wenig zu holen war, zeigt auch die niedrige Italien-Quote in den Fonds. Nicht vertreten waren italienische Titel im DWS-Fonds, der sich einmal mehr als Nordeuropäer zu erkennen gab. Deutlich untergewichtet waren italienische Aktien auch im Schroder ISF Euro Equity und auch in den beiden BNP-Aktienfonds. Auch der ansonsten stark in südlichen Gefilden engagierte HSBC Euroland Equity war nur in sehr geringem Maße in italienischen Aktien engagiert. Nur Pioneer-Mann Fabio Di Giansante hielt in dem von ihm verwalteten Fonds deutlich mehr italienische Aktien als die Benchmark: war das dem so genannten Home Bias geschuldet?
Eine Fußnote zum Sorgenkind Griechenland: Auffällig ist, dass eine Hand voll Fonds offenkundig Off-Benchmarkwetten – vor allem bei Hellenic Telecom – auch auf dem Höhepunkt der Krise gefahren haben. Über lange Zeit hatten der ING Invest, BGF Euro-Markets, HBSB GIF Euroland und auch der UBS EF Euro auf die vermeintliche Value-Wette gesetzt – und sind sukzessive mit der Verschärfung der Griechenland-Krise ausgestiegen, zuletzt der UBS-Fonds. Per Ende April hielt nur noch der HSBC GIF Euroland Equity an einer kleinen Griechenland-Position fest.
Tabelle: Griechenland-Wetten wurden bis April aufgelöst
Wette auf die Konjunkturentwicklung: Zykliker versus defensive Titel
Wenn die Konjunktur nur vor Kraft strotzt, profitieren davon vor allem die so genannten Zykliker: Die Aktien von Maschinenbauern, Autorherstellern und auch von Banken liegen dann vorn, wenn die Marktteilnehmer einen Aufschwung der Weltwirtschaft erwarten bzw. auf die Fortsetzung eines Aufschwungs setzen. Umgekehrt kaufen Aktienfondsmanager typischerweise mehr so genannte defensive Titel, wenn sich das konjunkturelle Klima eintrübt. Dann stehen vor allem Aktien aus den Sektoren Konsum und Pharma auf der Kaufliste der Fondsmanager, die typischerweise weniger unter dem Abschwung der Wirtschaft leiden.
Tabelle: Hoffen auf die Konjunktur: Wer zyklischer Aktien übergewichtet
Wie haben die Euroland-Fonds auf das Auf und Ab der Konjunktur (bzw. der Erwartungen zur Konjunktur) reagiert? Markante Wetten auf die Konjunktur lassen sich bei den Produkten von Pioneer, DWS, Schroders und auch der UBS ablesen; sie waren in hohem Maße in dem Zeitraum bei stark konjunktursensitiven Aktien unterwegs, wie die Tabelle zeigt.
Tabelle: Bangen ob der Konjunktur: Wer defensive Aktien übergewichtet
Spiegelbildlich dazu waren der UBS EF Euro Countries, der Ring Aktien Fonds DWS, der Schroder ISF Euro Equites in unserem Betrachtungszeitraum konstant in defensiven Sektoren untergewichtet. Seit Juni 2011 zeichnen sich vor allem die Produkte von Allianz Global Investors, ING und über weite Strecken auch der BGF Euro-Markets durch eine Untergewichtung stark zyklischer Werte aus. Mit Ausnahme des BGF Euro Markets waren diese Fonds entsprechend hoch in defensiven Branchen unterwegs.
Tabelle: Antizyklische Wette: Wer Finanzdienstleister übergewichtet
Und wie waren die großen Euroland-Fonds mit Blick auf die Finanzdienstleistungsbranche im Zeitverlauf aufgestellt? Dass aktiv verwaltete Fonds diese Aktien auf dem Höhepunkt der Eurokrise, die nicht zuletzt vor allem eine Krise der Banken ist, gemieden haben, dürfte nicht verwundern. Eher verwundert, dass Fonds wie der HSBC GIF Euroland Equity und Pioneer Funds Euroland Equity konstant eine substanzielle Finanzdienstleister-Quote aufwiesen. So gut wie alle anderen Fonds waren hier stark untergewichtet, wobei beim DWS-Fonds die taktische Erhöhung der Finanzdienstleister-Quote in diesem Jahr auffällt. Der Euroland-Fonds mit der am Abstand geringsten Banken-Quote war der Allianz RCM Euroland Equity Growth, der Finanzdienstleister konstant mit weniger als 5% der Fondsgelder gewichtete.
Performance-Bilanz der Euroland-Fonds in einem turbulenten Jahr
Big is beautiful: Das ist die 12-Monats-Bilanz der Euroland-Fonds: Was sonst nur selten gelingt, hat sich in den letzten 12 Monaten eingestellt: Fonds mit einem großen Vermögen haben mehrheitlich die Benchmark übertroffen: Angeführt wird die Liste vom Allianz RCM Euroland Equity Growth, der als einziger das Kunststück vollbrachte, in einem sehr negativen Marktumfeld ein (leichtes) Plus von 2,92% zu erwirtschaften. Der zweitbeste Fonds, der BNP Equity Best Select Euro verlor 7,24%. Auch der Fidelity Euro Blue Chip schlug sich mit einem Minus von 10,17% relativ wacker. Alle drei Fonds halten im Analysten-Rating von uns die drittbeste Morningstar-Rating-Note „Bronze“.
Tabelle: Wer nach 12 Monaten Dauerkrise vorne lag
Von den 15 untersuchten Produkten haben in den vergangenen 12 Monaten nur 3 Fonds schlechter als der Euro Stoxx 50 Index abgeschnitten. Nur der Deka-EuroStocks CF, der auch ein „Negative“-Rating von Morningstar hält, der HSBC GIF Euroland Equity und der ING Invest Euro High Dividend P mussten höhere Einbußen hinnehmen als der Index, der 17,05% verlor. Diese 3 Fonds zählen übrigens zu den schwächsten Euroland-Produkten der vergangenen 3 Jahre. Während der HSBC-Fonds mit der Note „Bronze“ über ein positives Morningstar Analyst Rating verfügt, ist der ING-Fonds mit „Neutral“ bewertet. Ihm trauen unsere Analysten nicht mehr als die Performance des breiten Aktienmarkts zu.
Auch wenn die 12-Monats-Periode eine recht kurze Betrachtungszeit darstellt, ist angesichts der sehr stark ausgeprägten Marktphasen ein Blick auf dieses Jahr aufschlussreich. Die Fonds erwirtschafteten einen guten Teil ihres Vorsprungs gegenüber der Benchmark zwischen Januar und März dieses Jahres: Nach der Verkündung der LTRO-Programme der EZB stiegen die Fonds massiv ins Risiko ein. Das zeigt, dass kein Fonds in dieser Zeit hinter dem Euro Stoxx Index zurückfiel. Mit einem Plus von gut 17,5% schaffte der Ring Aktien Fonds DWS sogar einen Vorsprung von über 10 Prozentpunkten gegenüber dem Index. Selbst der schwächste Fonds, der LBBW Dividenden Strategie Euroland, war immer noch ein Tick besser als die Benchmark.
Anders hingegen das Bild seit April. Hier wurden etliche Portfolio-Lenker offenkundig von der Korrektur auf dem falschen Fuß erwischt: Nur 6 von 15 Fonds waren in den vergangenen 2,5 Monaten besser als der Index. Das zeigt ein altbekanntes Phänomen: Aktive Fondsmanager schaffen bei Benchmark-Ansätzen vor allem dann Mehrwert, wenn es an den Märkten aufwärts geht. Das gilt in unserem Beispiel für die stets voll investierten Fonds, die die Mehrheit der untersuchten Fonds ausmacht, aber auch für solche, die versuchen, durch die Steuerung der Cash-Quote besser abzuschneiden als der Markt. Das Ergebnis unserer Untersuchung spricht also ungeachtet des positiven Abschneidens der meisten großen Fonds nicht dafür, dass die Fondshäuser das Thema Risikomanagement, dem Motto der Branche seit der Finanzkrise 2008, in allen Bereichen verinnerlicht haben.