Das Tempo, in dem sich die Spreads der Unternehmensanleihen verengten, hat sich vergangene Woche etwas verlangsamt. Im Schnitt schrumpfte der Spread der Titel im Morningstar Corporate Bond Index um nur zwei Basispunkte auf +154, während die Papiere im Morningstar Eurobond Corporate Index unverändert bei +164 notierten. So niedrig waren die Risikoaufschläge seit vergangenem Juli nicht mehr. Und damit dürfte der Großteil dieser Bewegung nun hinter uns liegen, selbst wenn die Spreads kurzfristig noch etwas weiter zusammenlaufen werden.
Auch wenn sich nun das Tempo, in dem die Kreditspreads einengen, verlangsamt – auf die Nachfrage nach Unternehmensanleihen trifft das keinesfalls zu! Wenn man als Bond-Anleger ein größeres Volumen kaufen will, wird man nur noch am Primärmarkt fündig. Das Angebot am Sekundärmarkt ist dagegen dürftig.
Zu den Unternehmen, die vergangene Woche neue Titel auf den Markt brachten, gehört Ford Motor Credit Corporation. Das Unternehmen, das wir mit „BBB-“ bewerten, gab zehnjährige Bonds mit einem Aufschlag von +260 über den entsprechenden US-Staatsanleihen aus. Zunächst war ein Spread von +280 im Gespräch gewesen, der dann auf +265 zusammenlief, nachdem die offiziellen Preise veröffentlicht wurden. Im Sekundärmarkt stieg der Kurs sofort, und am Ende der Woche notierten die Titel bei +235. Uns überraschte das nicht. Ford Motor Credit steht auf unserer Empfehlungsliste. Wir halten die Titel bei +225 angemessen bewertet, aber eine Bewegung von 25 Basispunkten in nur einem Tag bei einem der größten Emittenten – das ist wirklich beachtlich!
Das derzeitige Umfeld erinnert an die Zeit um das Jahr 2005, als die Nachfrage nach Unternehmensanleihen derart stark war, dass jedes Mal, wenn eine Neuemission auch nur angekündigt wurde, einige Marktteilnehmer schon Orders in den Markt gaben – noch bevor irgendein Preis bekannt wurde! Einer der Händler, mit denen ich damals zusammenarbeitete, richtete sich als Bildschirmschoner den Spruch ein: „Erst kaufen, dann gucken“. Es war für ihn selbstverständlich, dass der Markt so gierig geworden war, dass er jeden Bond mit Gewinn am Sekundärmarkt loswerden konnte. Das Unternehmen hinter der Wertpapierkennnummer spielte nur eine untergeordnete Rolle. Seinerzeit mussten auch viele Fondsmanager wegen der Menge des ihnen anvertrauten Geldes mehr Anleihen kaufen, als sie analysieren konnten.
Die Raffgier wird sich langfristig rächen
Seit die US-Notenbank angekündigt hat, unlimitiert Hypothekenanleihen aufzukaufen, hat sich der Renditeaufschlag von langlaufenden Hypothekenpapieren im Schnitt um über 60 Basispunkte verringert. Wenn die Fed nun ihre Pläne in die Tat umsetzt und die „Operation Twist” (den Verkauf kurzfristiger Staatsanleihen und im Gegenzug den Kauf langlaufender Staatsanleihen) fortführt, wird sich das Angebot für die Investoren weiter verringern. Das dürfte dazu führen, dass die Renditeaufschläge bald enger werden. Kurzfristig werden derart technische Faktoren sicher die treibende Kraft an den Märkten sein, doch langfristig dürften wieder fundamentale Aspekte in den Vordergrund rücken. Schließlich gibt es eine Reihe von Faktoren, die im vierten Quartal die Finanzkraft der Emittenten auf die Probe stellen könnten.
Zuletzt hatte die amerikanische Eisenbahngesellschaft Norfolk Southern mitgeteilt, dass wegen der niedrigeren Transportvolumina der Quartalsgewinn niedriger als von den meisten Analysten erwartet ausfallen dürfte. Mit dieser skeptischen Einschätzung ist Norfolk Southern nicht allein – auch FedEx und Intel hatten die Erwartungen gedämpft. Schon allein die Unsicherheit darüber, wer der nächste Präsident der USA werden wird und ob die US-Haushaltsverhandlungen Ende des Jahres Erfolg haben werden, dürfte zahlreiche Unternehmen beeinflussen, in erster Linie natürlich Firmen aus der Gesundheits- und der Rüstungsbranche.
Das Wachstum in China lässt nach
Weiterhin ist unklar, welche Folgen das nachlassende Wirtschaftswachstum in China und Europa haben wird. Es ist immer schwierig, die Aussichten für eine Volkswirtschaft einzuschätzen, aber im Fall Chinas ist es noch schwieriger. Der größte Faktor für das Wirtschaftswachstum sind die Investitionsausgaben. Ein mögliches Anzeichen dafür, dass es zu einem raschen Rückgang des Wirtschaftswachstums in China kommen könnte, ist daher der starke Fall des Eisenerz-Preises. Anfang des Jahres wurden für eine Tonne des wichtigen Rohstoffs am Spot-Markt 150 Dollar gezahlt. Dann fiel der Preis bis auf 88,50 Dollar, bevor er wieder etwas auf 109,75 Dollar anstieg.
Auch die jüngsten Konjunkturdaten aus China waren alles andere als ermutigend. In den kommenden Tagen dürfte sich der Blick aber vor allem auf US-Daten richten, besonders am Donnerstag, wenn das US-BIP sowie die Auftragseingänge langlebiger Güter veröffentlicht werden. Das starke Minus, das bei den Auftragsdaten allgemein erwartet wird, sollte aber nicht überbewertet werden: Der Monat zuvor war wegen der prall gefüllten Auftragsbücher von Boeing außergewöhnlich gut ausgefallen. Zum Wochenausklang stehen dann Zahlen zu den Einkommen und Ausgaben der US-Haushalte, dem Chicagoer ISM-Einkaufsmanagerindex und die Daten der Uni Michigan zum Verbrauchervertrauen auf der Tagesordnung.
Wann schlüpfen Italien und Spanien unter den Rettungsschirm?
In Europa hat sich die Lage zuletzt zwar etwas beruhigt, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) dafür gesorgt hat, dass bei Staatsanleihen aus der Eurozone de facto kein Ausfallrisiko mehr besteht. Doch Spanien und Italien leiden unter den Folgen einer Rezession und ihre Möglichkeiten, Geld aufzunehmen, bleiben perspektivisch schwierig - und damit in jedem Fall teuer. Am Markt wird immer offener darüber diskutiert, wann Spanien die Europäische Union offiziell um Unterstützung bittet.
Auch Griechenland bleibt im Fokus. Es wird gemutmaßt, dass das Land mit seinen Reformen langsamer vorankommt als erwartet. Berichten zufolge soll die Troika ihren Bericht, der für die Freigabe weiterer Geldhilfen nötig ist, erst nach den US-Wahlen im November veröffentlichen. Daneben wird über eine Ausweitung des ESM debattiert – angeblich soll der Rettungsschirm auf zwei Milliarden Euro ausgedehnt werden.
Auch Konjunkturdaten könnten für Gesprächsstoff sorgen: Am Donnerstag werden Stimmungsindikatoren der EU-Kommission zeigen, wie die Lage in der Eurozone ist. Nach dem überraschend schwach ausgefallenen ifo-Index dürften die Erwartungen aber etwas nach unten geschraubt werden. Zuvor – am Mittwoch – stehen noch deutsche Verbraucherpreise zur Veröffentlichung an.
Am Donnerstag wird zudem der deutsche Arbeitsmarktbericht für September publiziert. Es ist also alles andere als klar, wohin die Reise geht. Und deswegen raten wir Ihnen, genau hinzuschauen, welche Bonds Sie kaufen. Denn wenn die Stimmung am Markt wieder dreht, könnten diejenigen es bitter bereuen, zu hohe Risiken eingegangen zu sein. Es ist zwar nur allzu verständlich, dass man sein Geld investieren muss. Aber auf der Suche nach Rendite sollten Sie wählerisch sein - es gibt vielen Anleihen, die keine gute Investition sind. Seien Sie also wachsam.