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Bond-Boom lässt auch Warnsignale ertönen

Neuemissionen lassen Cash-Bestände dahinschmelzen. Rückschlaggefahr bei Unternehmensanleihen steigt allerdings. Der Morningstar Bond-Bericht.

Dave Sekera 20.11.2012
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Für die Amerikaner steht in diesen Tagen einer der Höhepunkte des Jahres an: Thanksgiving. Millionen Truthähne werden sich in knusprige – oder trockene – Festtagsbraten verwandeln und viele Investoren werden sich statt mit Bonds und Spreads mit ihrer Familie beschäftigen. Dementsprechend dürfte es am US-Markt für Unternehmensanleihen etwas ruhiger zugehen. In der vergangenen Woche hatten sich die Spreads der Anleihen im Morningstar Corporate Bond Index im Schnitt um 6 Basispunkte auf +150 ausgeweitet.

Ein großer Schwung an Neuemissionen und die Nachrichten über die drohende Fiskalklippe in den USA setzten den Markt unter Druck. Viele Investoren verkauften ihre Papiere. Offenbar hat das große Angebot an neu emittierten Anleihen nun doch dazu geführt, dass die Investoren all ihr Geld ausgegeben haben, wie uns ein Anleihehändler erzählte. Viele Investoren hätten Papiere aussortiert, um in ihren Portfolios Platz für Neuemissionen zu schaffen. 

In den vergangenen Monaten ging es am gesamten Markt für Unternehmensanleihen aufwärts. Doch wir rechnen damit, dass die Aufwärtsbewegung bald enden wird: Die Weltkonjunktur gerät ins Stocken und die Unternehmensgewinne kommen unter Druck. Dadurch werden die Spreads nicht mehr so stark zusammenlaufen und die Investoren werden genauer darauf achten, wessen Anleihen sie kaufen.

Trotz der fallenden Kurse am Markt hatten die Investoren vergangene Woche ein üppiges Angebot an neuen Papieren zur Auswahl. Unternehmen brachten neue Anleihen im Wert von über 30 Milliarden Dollar auf den Markt und damit sogar noch etwas mehr als eine Woche zuvor, als die Riesen-Emission in Höhe von 14,7 Milliarden Dollar von AbbVie stattfand. In dieser Woche dürfte es wegen Thanksgiving am Donnerstag ruhiger zugehen. Dadurch bleiben den amerikanischen Unternehmen nur noch zwei Wochen, bis die Weihnachtssaison beginnt.

Zu den attraktiven Angeboten der vergangenen Woche zählt unseres Erachtens das Papier von National Oilwell Varco (NOV, „A+“). Das Unternehmen, das Ölförderanlagen und entsprechendes Zubehör herstellt, gab Anleihen zur Finanzierung der Übernahme von Robbins & Myers aus. Die Akquisitionsstrategie in diesem Jahr ist unseres Erachtens sinnvoll. Das Unternehmen festigt damit seine Stellung als eines der größten Player in dieser Branche. National Oilwell Varco kommt unseres Erachtens auf Basis der Kapitalstruktur von 2012 mit einem revolvierenden Kredit über 1 Milliarde Dollar und 3 Milliarden Dollar langfristiger Kredite auf einem Verschuldungsgrad von 1,0 und einen Zinsdeckungsgrad von 22. National Oilwell Varco hatte schon bei der Übernahme von Grant Prideco die Schulden rasch wieder abgebaut und wir rechnen damit, dass National Oilwell Varco auch diesmal die freien Mittel zur Rückzahlung des revolvierenden Kredits nutzen wird und die gesamten Schulden bis 2014 auf 3 Milliarden Dollar gesunken sein dürften.

Vor dem Hintergrund der Akquisitionen hatten wir kürzlich unser Rating „A+” bekräftigt. Wir liegen damit eine Stufe über anderen Ratingagenturen. Mit Blick auf unser Rating, das gut gefüllte Auftragsbuch und der guten Positionierung am Markt halten wir die Anleihen mit fünfjähriger Laufzeit bei einem Aufschlag von 60 Basispunkten für fair bewertet. Für die zehnjährigen Titel halten wir einen Aufschlag von 80 Basispunkten für gerechtfertigt, und bei den 30-jährigen Anleihen kommen wir auf einen Aufschlag von 85 Basispunkten. Die große Abweichung zwischen unserem fairen Wert und ersten Indikationen führen wir, wie bereits an anderer Stelle erklärt, darauf zurück, dass National Oilwell Varco vielen Anleiheinvestoren unbekannt ist. Vor dieser Transaktion hatte das Unternehmen in drei Emissionen gerade einmal Papiere über 500 Millionen Dollar mit einer Laufzeit von unter drei Jahren an den Markt gebracht.

Die Eurozone rutscht offiziell in die Rezession

Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union sank das Bruttosinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal in der Eurozone um 0,1%. Schon im zweiten Quartal war ein Rückgang um 0,2% verzeichnet worden, womit die Eurozone nun offiziell in die Rezession abgerutscht ist. Die Wirtschaftsleistung Deutschlands stieg um 0,3%, die Frankreichs um 0,2%. Doch das reichte nicht, um das Minus von 0,2% in Italien, 0,3% in Spanien und 0,8% in Portugal wettzumachen. Auch Konjunkturindikatoren wie die Industrieproduktion und der Einkaufsmanagerindex sackten weiter ab. All das macht nicht gerade Hoffnung für die kommende Zeit. Auch die Europäische Kommission hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr von 1,0% auf 0,1% gesenkt – ein enttäuschend niedriges Ziel, wenn man sich vor Augen hält, dass für 2012 bereits ein Minus von 0,4% erwartet wird.

Die schlechte Entwicklung des Wirtschaftswachstums in vielen Ländern wirkt sich auch auf die Staatsverschuldung aus. Und dadurch gerät sogar das Rating mancher Länder in Gefahr. So will Moody's Anfang des kommenden Jahres das Spitzenrating „Aaa” für Großbritannien überprüfen, weil der Schuldenabbau durch die schwache Konjunktur erschwert wird. Für Frankreich war es bereits soweit: Die Kreditwürdigkeit des Landes wurde jüngst von „Aaa“ auf „Aa1“ gesenkt, wie Moody's mitteilte. Doch während der Konjunkturmotor stottert, sinkt auch die Inflationsrate. Im Oktober wurde noch ein Wert von 2,5% festgestellt, die Kernrate fiel auf 1,5%. Sinkt die Inflationsrate weiter, gibt das der Europäischen Zentralbank die Möglichkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaft zu ergreifen.

Die US-Notenbank schlägt neue Töne an

Vergangene Woche hat sich die stellvertretende Vorsitzende der US-Notenbank, Janet Yellen, zu den Veränderungen in der Kommunikation der Federal Reserve geäußert. Demnach könnte der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Zielvorgaben für einige Wirtschaftsbereiche machen. Bevor es zu einem Zinsschritt kommen würde, müssten diese Zielmarken erreicht werden. Zudem stellte Yellen in Aussicht, dass das Komitee von zeitlichen Einordnungen abrücken könnte. Dabei verwies sie auf Aussagen von Charles Evans, dem Vorsitzenden der Notenbank von Chicago, dass die Federal Reserve die Zinsen auf dem derzeitigen Niveau belassen werde, bis die Arbeitslosenquote unter 7% gesunken ist und die Inflation mittelfristig unter 3% verharrt. Yellen nahm auch Bezug auf den Vorschlag von Narayana Kocherlakota, dem Vorsitzenden der Notenbank von Minneapolis, dass die Untergrenze bei der Arbeitslosigkeit bei 5,5% und bei den mittelfristigen Aussichten der Inflation bei 2,25% liegen sollte.

Auch in dem Sitzungsprotokoll der US-Notenbank von Oktober, das vergangene Woche veröffentlicht wurde, gab es Hinweise darauf, dass die Notenbank Veränderungen vornehmen könnte. Es würde uns nicht überraschen, wenn diese Veränderungen bereits in einer der nächsten Sitzungen des Offenmarktausschusses umgesetzt würden.

Doch zunächst liegt der Fokus der Marktteilnehmer auf den Entwicklungen in der Schuldenkrise. Immer noch wird hitzig über einen Schuldenschnitt Griechenlands diskutiert, und Spanien hat noch immer nicht den lang erwarteten Antrag auf EU-Hilfe gestellt. Zudem sorgt in den kommenden Tagen Thanksgiving für Unordnung: Da am Donnerstag in den USA Feiertag ist und am Freitag nur verkürzter Handel am Anleihemarkt stattfindet, wurden einige US-Konjunkturtermine verlegt. Am Mittwoch steht so der Index der Uni Michigan auf der Tagesordnung sowie die US-Frühindikatoren für Oktober und die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe.

Am Donnerstag werden dann die Einkaufsmanagerindizes aus Europa und Deutschland mitgeteilt und Daten zum Verbrauchervertrauen in der Eurozone. Und zum Wochenschluss, wenn in Amerika mit dem „Black Friday“ die Zeit der Weihnachtseinkäufe eingeläutet wird, werden die europäischen Investoren den Ifo-Geschäftsklima-Index und die detaillierten Daten zum deutschen BIP im dritten Quartal analysieren.

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