Eine amerikanische Bekleidungskette namens Syms wirbt mit dem Slogan “Der gut informierte Kunde ist unser bester Kunde”. Das wäre keine zutreffende Beschreibung für den Markt für Finanzdienstleistungen in Österreich. Die Anbieter von Finanzprodukten leben davon, dass die meisten Kunden nicht informiert sind und sich oft auch nicht trauen, Werbeslogans infrage zu stellen. Zur Klarstellung: Zweifellos gibt es in der Finanzbranche viele, die im Sinne ihrer Kunden handeln. Etliche Finanzberater bieten ihren Kunden auch Informationen und Tools, die ihnen helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen und empfehlen ihnen keine überteuerten Produkte.
Doch das ist nicht die Regel. Und wer teure Produkte verkaufen will, möchte keine gut informierten Kunden vor sich haben, sondern lieber einen verunsicherten Kunden, der jeden neuen Trend mitmacht. Denn je größer die Verunsicherung ist, desto eher ist ein Anleger bereit, in unerprobte, zumeist überteuerte Finanzprodukte zu investieren. Solche Kunden schichten häufig ihre Portfolios um, zahlen dabei mehr Gebühren als notwendig und sammeln unnötige Produkte an. Dass die Kosten einer Anlage mit der wichtigste Indikator für die künftige Performance ist, haben unsere Untersuchtungen wiederholt gezeigt (lesen Sie hier mehr zum Thema Kosten einer Fondsanlage).
Wem das vertraut vorkommt und gewahr wird, derartiges in der Vergangenheit erlebt zu haben, hat schon viel gewonnen. Die folgenden fünf Regeln werden Ihnen helfen, diese Fehler nicht noch einmal zu begehen.
1. Regel: Kaufen Sie keine neuen (oder exotischen) Finanzprodukt
Auch wenn ich damit Gefahr laufe wie jemand zu klingen, der behauptet, nach Exile on Main Street und Abbey Road habe es keine gute Musik mehr gegeben: Es gibt nur selten wirklich gute neue Finanzprodukte. Die Einführung von speziellen Fonds für die Altersvorsorge, wie etwa Laufzeitfonds, waren ein Schritt nach vorn, und auch günstige Indexfonds und ETFs können dem Investor von Nutzen sein. Aber es gibt sehr viel mehr schlechte Produkte als solche, die sich für Anleger wirklich lohnen. Deswegen sollten Sie neue Produkte mit einer gesunden Portion Skepsis betrachten und erst einmal abwarten, wie sich diese bewähren.
Oft werden Innovationen verkauft mit dem Verweis auf eine gute Entwicklung in der Vergangenheit. Diese Werbung bezieht sich aber in vielen Fällen nur auf einen kurzen Zeitabschnitt oder sogar nur auf eine Simulation - im Fachjargon backtest genannt. Die Performance eines Produktes lässt sich erst dann einschätzen, wenn man die risikobereinigten Ergebnisse eines kompletten Marktzyklus betrachtet.
Wenn Sie sich überlegen, in ein Produkt zu investieren, sollte es eine nachvollziehbare Historie von mindestens 10 Jahre aufweisen. Nur so lässt sich analysieren, wie sich ein Fonds in konkreten Situationen verhält. Wenn in dieser Zeit nur ein Trend vorherrschte (wie beispielsweise in den 1990er Jahren, als die Bullen die Oberhand hatten), sollten Sie in der Betrachtung sogar noch länger zurückgehen.
2. Regel: Stellen Sie viele “dumme” Fragen
Dass Investoren schlechte Produkte in ihrem Portfolio vorfinden, liegt zum Teil auch an ihnen selbst: Viele haben Angst, Fragen zu stellen. Sie trauen sich nicht, den Finanzberater zu fragen, warum er genau diesen Fonds empfiehlt bzw. was hinter den Marketing-Aussagen der Produktanbieter steht. Viele Anleger fürchten, dumm oder hinterwäldlerisch zu wirken, wenn sie Produkte hinterfragen. „Wie funktioniert das Produkt?“, „was kann dabei schief gehen?“, sind zwei elementare Fragen, die jeder stellen sollte, auch dann, wenn er meint, es bei der ersten Erklärung verstanden zu haben. Oft sind die einfachen Fragen die richtigen, und Sie sollten niemals davor zurückschrecken, sie zu stellen.
3. Regel: Misten Sie Ihr Portfolio aus
Eine der ersten Regeln, die Sie über das Investieren gelernt haben, war vermutlich, wie wichtig eine breite Streuung des Vermögens ist; dass zusätzliche Investitionen das Risiko-Chance-Profil Ihres Depots verbessern können. Die goldene Regel der Diversifikation an sich ist valide, und Sie sollten sie beherzigen (lesen Sie mehr zum Thema Diversifikation). Aber mehr ist nicht immer mehr. Viele Finanzprofis haben sich diesen Grundsatz vielleicht zu sehr zu Herzen genommen. Das geht oft so: Berater preisen neue Anlageprodukte überschwänglich an, wenn diese zuletzt gut gelaufen sind. Wenn Sie aber ein ausgeglichenes Portfolio mit günstigen Produkten aus den Anlageklassen Aktien, Anleihen und Cash haben, ist es unwahrscheinlich, dass Ihnen kleinen Position anderer Produkte nennenswerten Mehrwert bringen. Zudem ist es schwer, den Überblick zu behalten, wenn man ein überdiversifiziertes Portfolio hat.
4. Regel: Ist Ihr Depot so gut wie ein Altersvorsorgefonds?
Ob Ihr Portfolio zu komplex ist, können Sie mit einem simplen Vergleich überprüfen. Haben die zusätzlichen Produkte in Ihrem Depot zu einer besseren Entwicklung verholfen als eine günstigere, einfache Investition, wie beispielsweise ein einfach gestrickter Mischfonds oder ein anderes Altersvorsorgeprodukt, das auf Ihren Zeithorizont ausgerichtet ist? Hinkt Ihr Depot derartigen Produkten hinterher? Wenn das über einen längeren Zeitraum der Fall ist, ist die Frage berechtigt, ob es nicht besser gewesen wäre, Ihr Geld in ein einfacheres Produkt zu stecken.
5. Regel: Nichts wie weg, wenn jemand auf alles eine Antwort hat
Werden Sie misstrauisch, wenn Ihr Finanzberater meint, alles zu wissen. Schlechte Finanzberater haben vermeintlich eine Antwort auf alles. Geben Sie Fersengeld, wenn Sie auf einen derartigen nervigen Verkäufertyp treffen. Leider sitzen Anleger oft Produkt-Pushern auf, kaufen Anlagen, die hohe Erwartungen wecken, die aber selten halten, was versprochen wurde. Entweder die Produkte sind zu teuer, oder die Risiken waren höher, als man Sie hat glauben lassen. Sie sollten sich bewusst machen, dass die Schätzung kurzfristiger Renditen mit so hohen Unwägbarkeiten verbunden sind, dass man sie getrost ad acta legen kann. Wirklich erfolgreiche Investoren gehen anders vor. Sie konzentrieren sich beispielsweise auf unterbewertete Aktien in den Branchen, die sie verstehen. Und sie geben offen zu, dass sie die Entwicklung der Wirtschaft nicht exakt vorhersagen können.